Verdienste deutscher und anderer Ärzte in Ägypten

Einfluss der westlichen Medizin in Ägypten
seit Beginn des 19. Jahrhunderts




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3:Gesundheitswesen unter den Deutschen

31: Von den Nachfolgern Mohammed Alis bis zur britischen Herrschaft (1849-1882)
311: Die deutschen Ärzte
312: Die italienischen Ärzte
313: Al-Bakli und andere ägyptische Ärzte
32: Die Lage bis zur Eröffnung des Suez-Kanals (1849-1869)
33: Von 1870 bis zur britischen Herrschaft (1882)
34: Die Zeit der britischen Herrschaft (1882-1936)
341: Dr. Robert Koch und die französische Kommission
3411: Unterstützung der Kommissionen

3412: Quarantäne, Wasserwerke und Abwassersysteme
34121: Die drei Quarantäneanstalten von Alexandria
341211: Die Anstalt von Gabbari
341212: Die Anstalt am Meer (Ras-el-Tin)
341213: Die Anstalt von Chatby
34122: Die Wasserwerke von Alexandria und Kairo
341221: Das Wasserwerk von Alexandria
341222: Das Wasserwerk von Kairo
34123: Abwassersysteme
341231: Abwassersysteme von Alexandria
341232: Abwassersysteme von Kairo

342: Die britischen Ärzte
343: Deutsche Ärzte im ägyptischen Staatsdienst

4: Gesundheitswesen unter den Ägyptern

41: Die Zeit nach dem ersten Weltkrieg bis zum Ende der Monarchie (1918-1952)
411: Das Gesundheitsministerium wird gegründet (1936)
412: Funktionen des Gesundheitsministeriums
42: Große Reform des Gesundheitswesens unter Nasser und seinen Nachfolgern (1953 bis heute)

421: Das Gesundheitsministerium
422:Hauptaufgaben
4221:Gesundheitsüberwachung auf dem Lande
42211: Gesundheitsamt
42212: Sanitätsstation
4222: Gesundheitsüberwachung in den Städten
42221: Wasserhygiene
42222: Entsorgung
42223: Krankheits- und Seuchenvorbeugung
422231: Krankheitsüberträger
4222311:Warmblüter
42223111: Vögel
42223112: Kaninchen, Ratten und Mäuse
42223113: Hunde
42223114: Katzen
42223115: Reit- und Herdentiere
4222312: Arthropoden (Gliederfüßer) von medizinischer Bedeutung

422232: Übertragbare Krankheiten
4222321: Die meldepflichtigen Krankheiten
4222322: Schutzmaßnahmen
4223:Schwerpunkte im ganzen Land
42231: Gastroenteritiden
42232: Parasitäre Erkrankungen
422321: Bilharziose (Schistosomiasis)
422322: Ankylostomiasis
42233: Augenerkrankungen (Ophthalmien)
42234: Fanilienplanung und Geburtenregelung
42235: Rattenbekämpfung

5 : Schlussbemerkung und Diskussion

6: Anhang

61: Literatur
62: Anmerkungen
63: Bildergalerie


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3:Gesundheitswesen unter den Deutschen

31: Von den Nachfolgern Mohammed Alis bis zur britischen Herrschaft (1849-1882)

1848 wurde die Regierung seinem Sohn Ibrahim Pascha übergeben. Ein halbes Jahr später starb er plötzlich.1849 starb auch Mohammed Ali, so dass sein Bruder Abbas Erster Regierungschef wurde. Sein Hass gegen die Franzosen, die sich seiner Meinung nach in alle Angelegenheiten einmischten, führte dazu, dass Clot Bey von der Leitung der Intendance Sanitaire zurücktrat und nach Frankreich zurückkehrte. Auch die nachfolgenden Direktoren, die beiden Franzosen Duvigneau und Peron Bey und auch der Ägypter Dr. Safei Bey blieben nicht im Amt. Im folgenden wird zuerst von den deutschen Ärzten (311), dann von den italienischen (312) und über Al-Bakli und andere ägyptische Ärzte (313) berichtet, ehe die Lage bis zur Eröffnung des Suez-Kanals (32) besprochen werden soll. top

311: Die deutschen Ärzte

Von den vier bekannten deutsche Ärzte (vgl. Abschnitt 222 und Abschnitt 225) waren Sebastian Fischer und die Gebrüder Ikens noch im Lande.Pruner hatte schon im Jahre 1841 das Land verlassen. Fischer übernahm die Stelle von Pruner, nachdem dieser den Lehrstuhl für Anatomie und Physiologie an der medizinischen Schule von Abu-Zaabal aufgegeben hatte und im Jahre 1839 Leibarzt von Abbas Pascha geworden war, der die Regierung erst später übernahm. Außerdem trug Pruner die Verantwortung für die Überwachung der Hospitäler und den Ausbau des Krankenhauswesens. Fischer hatte auch die Leitung der einführenden hygienischen Maßnahmen zur Sauberhaltung der Städte und der Reinhaltung des Trinkwassers übernommen (s.u. Abschnitt 34122). Er war also wahrscheinlich überlastet, denn er nahm die Stelle als Direktor der medizinischen Schule nicht an. Es waren sicher auch gesundheitliche Gründe, die ihn zu diesem Entschluss führten und ihn 1860 zwangen, den Posten abzulehnen und das Land zu verlassen.

Inzwischen hatte Abbas Pascha von den Verdiensten Griesingers in Deutschland gehört und bot ihm im Jahre 1850 den Posten als Leibarzt und die Leitung des ägyptischen Gesundheitsdienstes an, was dieser zunächst annahm. Gleichzeitig wurde er Direktor der medizinischen Schule in Kasr-el-Aini. Dort entdeckte er 1851 die Larven von Ankylostoma und verfasste einen Beitrag über Infektionskrankheiten. 1853 kehrte er nach Deutschland zurück. Alex Reyer, zu dieser Zeit Professor für Chirurgie in Kairo, übernahm den Posten als Direktor der Schule (30, 31).

Ende 1850 war Dr Theodor Bilharz Dr. Griesinger als Assistent nach Kairo gefolgt. Als Griesinger das Land verließ, übernahm Bilharz 1853 seine Stelle als Chefarzt der Inneren Abteilung und erhielt 1856 den Lehrstuhl für vergleichende Anatomie, wo er bei einer Sektion durch Zufall die Ursache einer Volksseuche entdeckte: den Wurm, der die Blasenentzündung hervorruft und die bis heute seinen Namen trägt, die Bilharziose
(Schistosomiasis).

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312: Die italienischen Ärzte

Kurz bevor Abbas starb, entließ er, außer Bilharz, alle deutschen Ärzte und stellte Italiener ein. Er bat Dr. Raqgi und Dr. Ranzi, beide aus Florenz, die Lehrstühle für Chirurgie zu besetzen. Mit dem Gesundheitsdienst und den Quarantäne-Fragen wurden Collucci Pascha und De Regni Bey beauftragt (vgl. vorletzter Absatz von Abschnitt 222) (29).

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313: Al-Bakli und andere Ärzte

Inzwischen hatten einige Studenten in Kasr-el-Aini ihr Studium beendet. Diejenigen unter ihnen, die besondere Begabung zeigten, wurden nach Europa entsandt, um sich dort zu spezialisieren. Einer von ihnen war Muhammed Ali-al-Bakli, der sich als erster in Ägypten in Augenerkrankungen spezialisiert hatte. Es gab noch keine spezielle Klinik in diesem Bereich (32). In seiner Dissertation (1837) in Paris beschreibt er, dass er die ägyptische "Ophthalmie" als eitrige Konjunktivitis identifizierte. Außerdem stellte er die Ätiologie und Symptome anderer endemischer " Ophthalmien" ausführlich dar (vgl. auch Abschnitt 213).

Ein weiterer Mediziner, der in Frankreich promoviert hatte, war Mustafa al-Subki. Dieser lehrte zunächst an der medizinischen Schule zu Kasr-el-Aini und wurde dann Direktor der 1847 errichteten ophthalmologischen Klinik in Kasr-el-Aini. Zwei andere Ärzte hatten in Österreich promoviert: Husayn Awf und Ibrahim Dasuki, die Direktoren von zwei anderen ophthalmologischen Krankenhäusern in Kairo wurden. Mohammed Ali-al-Bakli, der als Chirurg in Kasr-el-Aini tätig war, wurde 1863 Direktor des Kasr-el-Aini-Krankenhauses und der medizinischen Schule. Die Zahl der Studenten stieg im Jahr 1868 auf 100. Als Al-Bakli dann Ende des Jahres (1870) den Posten aufgab, nicht zuletzt wegen der wirtschaftlichen Lage, begann Kasr-el-Aini zu verfallen. Auch Direktor De Gaillardot Bey, der den Posten übernahm, konnte den Verfall nicht aufhalten (70).

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32: Die Lage bis zur Eröffnung des Suez-Kanals (1854-1869)

1854 wurde Said Nachfolger von Abbas.Unter Saids Herrschaft wurde mit dem Bau des Suez- Kanals begonnen. Gleichzeitig verschlechterten sich die medizinischen Verhältnisse, wovon auch die medinische Schule nicht verschont blieb. Die meisten Studenten wurden zum Militärdienst eingezogen und es blieb nur Professor Bilharz zurück, der 1862 starb (Anm.46). Ein Jahr später starb Said Pascha, und Ismail wurde sein Nachfolger. Ismail versuchte, das Versäumte nachzuholen, denn bisher war viel vernachlässigt worden, das Land war ruiniert,auch der Moristan war nicht mehr vor dem Zusammenbruch zu retten (s. Abb. 1 und 2), die Kranken liefen davon. Der Bau des Suez-Kanals wurde dennoch fortgesetzt, denn Ismail glaubte, dass seine Vollendung dem Land sehr nützen würde. Dafür sollten 20.000 Ägypter gezwungen werden, zehn Jahre lang für diesen Bau zu arbeiten. Die Erweiterung von Eisenbahnlinien, Kanälen und Telegraphenleitungen folgte. Ismail schickte junge Männer zum Studium ins Ausland und baute Tausende von Schulen. Dadurch verschuldete er sich sehr stark. Zur Vollendung des Suez-Kanals nutzte er alle möglichen Quellen (70, 50, 72),was zu Sparmaßnahmen in anderen Bereichen führte, auch auf dem medizinischen Sektor. Demzufolge wurden Verwaltungsstellen vernachlässigt, z.B. wurde die Quarantänestation von El-Wadj nicht renoviert und verwaltet. 1865 wurde Ägypten wieder von der Cholera heim gesucht. In Port Said und Suez gab es je 57 Tote, aber die meisten Todesfälle waren in Alexandria zu verzeichnen, wo 4.000 Menschen starben. Innerhalb eines Monats gab es im ganzen Land 61.054 Tote ( 56 ). Ein Jahr später trat die Krankheit in Hamburg auf. Diesmal war es sicher, dass sie aus Ägypten eingeschleppt worden war (48).

1869 wurde der Kanal eröffnet (62, 81).

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33: Von 1870 bis zur britischen Herrschaft (1882)

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Im Laufe der Jahre hatte sich eine mächtige Mittelschicht aus Europäern und Levantinern gebildet, die sich hauptsächlich in den Städten aufhielt und fast ausschließlichaus Kaufleuten oder Händlern bestand (95, 96 72). Sie verwalteten nicht nur private Einrichtungen wie Hotels, Banken und Läden, sondern auch Krankenhäuser und staatliche Einrichtungen wie das öffentliche Gesundheitswesen ( 72 ), die Intendance Sanitaire nach westlichem Muster. Alle diese Einrichtungen hatten aber durch die wirtschaftliche Lage schwer gelitten. 1880 wurde die Intendance Sanitaire reformiert und entstand neu als "Conseil de Santé Exterieur et Quarantenaire". Sie wurde später durch das Dekret vom 10. Januar 1881 in "Conseil Sanitaire, Maritime et Quarantenaire" umgewandelt. Nach diesem Dekret war das Gesundheitswesen durch folgende Personengruppen besetzt: Ein von der ägyptischen Regierung ernannter Präsident; der Sanitätsinspektor von Alexandria; der Chefarzt des Generalhospitals von Alexandria; ein anderer Arzt des gleichen Hospitals; der Generaldirektor des Zolls; (Anm. 50)der Generalkontrolleur der Häfen und Leuchttürme; der Kontrolleur (Beobachter) des Hafens von Alexandria und schließlich acht Delegierte der ägyptischen Regierung. Die Organisation der Verwaltungsbehörde war wie üblich nach europäischem Muster ausgerichtet (112).
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Im Jahr 1881 wurde El-Wadj wieder als der erste Ort für die Quarantäne der Einreisenden gewählt und ausgebaut, da El-Tor als einzige Station dieser Art nicht mehr ausreichend schien. Die Pilger mußten bei ihrer Rückreise nach Ägypten 15 Tage in El-Wadj, 10 Tage in El-Tor und weitere drei Tage an der Quelle von Moses Quarantäne durchlaufen.

Die Zeit von 1870 bis 1881 war für die Bevölkerung sehr schwer, da es nur den wenigen Privilegierten gut ging. Der größte Teil der Bevölkerung litt unter der Inflation und der Hungerperiode. Unter der Führung von Orabi revoltierte die Bevölkerung. Der proeuropäische Ismail flüchtete nach Konstantinopel. Viele Europäer wurden Opfer dieses nationalen Aufstandes, und die europäischen Gesellschaften waren bedroht. Um deren Interessen zu sichern, besetzten im Jahr 1882 die Briten das Land. Orabi wurde verhaftet und ins Exil geschickt (56, 95, 112, 72).

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34: Die Zeit der britischen Herrschaft ( 1882-1936)

Im folgenden wird zunächst über Robert Koch und die französische Kommission (341) berichtet sowie über die Unterstützung der Kommissionen (3411). Folgende Einrichtungen werden besonders behandelt: Die drei Quarantäneanstalten von Alexandria (3412), die Wasserwerke von Alexandria und Kairo (34122) und die Abwassersysteme dieser beiden Städte (34123). Ferner soll noch die Rede sein von einigen englischen und anderen deutschen Ärzten (342) sowie über die Aktivitäten der Wellcome-Foundation zwischen den beiden Weltkriegen (343).

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341: Dr. Robert Koch und die französische Kommission

Im Jahr 1883 waren keine Cholerafälle in den Heiligen Stätten (arab.: Hedjaz) vorgekommen, und man hielt es nicht mehr für nötig, die Pilger zuerst in El-Wadj aufzunehmen. Als dann die Nachricht vom Ausbruch der Cholera in Hedjaz kam, war es bereits zu spät. Die Behörden mussten sich mit der Quarantänestation El-Tor begnügen, wo die Beobachtung der Pilger ungenügend war, so daß die Krankheit eingeschleppt wurde (112). Tatsächlich sollen aber bereits Anfang Juni des Jahres 1883 einige Cholerafälle in Ägypten gemeldet worden sein (102). Die Engländer, hieß es, hätten versichert,es handele sich nur um einige Fälle endemischer Cholera und Quarantänemaßnahmen, gegen die sie sich schon während der 3.internationalen Konferenz ausgesprochen hatten, seien überflüssig gewesen. Welche Gründe auch immer sie dazu bewogen, sicher war, daß man in Damiette am 22. Juni 1883 bereits 1.956 Todesfälle registrierte und es Anfang September dann 28.720 Todesfälle waren (24, 98, 48).

In Europa wollte man die Cholera nicht noch einmal wie 1866 einschleppen lassen. Aus diesem Grunde wurden zwei Kommissionen unabhängig voneinander nach Alexandria entsandt, um die Krankheit zu erforschen.

Die deutsche Kommission wurde von Dr. Robert Koch begleitet, die französische von Roux, Thuillier, Strauß und Nocard, den Mitarbeitern Pasteurs. Letzterer konnte aus Alters- und Gesundheitsgründen nicht mitkommen. Die Franzosen erreichten Alexandria eine Woche vor Koch, da in Deutschland administrative Gründe seine Ankunft hatten verspäten lassen (64, 102).

Pasteur (Anm. 47) hatte einige Zeit zuvor seine Aufmerksamkeit auf die letzte Epidemie von 1865 gerichtet und bei dem Comité consultatif d'hygiene publique den Vorschlag eingebracht, eine Kommission nach Alexandria zu entsenden. Bevor die Kommission Paris verließ, traf sich Louis Pasteur 1882 mit Robert Koch, um mikrobiologische Fragen zu besprechen.

Koch wurde im griechischen Hospital von Kartulis und Zancarol, die französischen Ärzte im europäischen Krankenhaus von Ardouin empfangen. Die Doktoren hatten somit gute Möglichkeiten, Laboruntersuchungen und vor allem Autopsien durchzuführen. Im Labor des griechischen Hospitals in Alexandria stellte Koch fest, dass es sich bei dem Bazillus, der in Ägypten die Cholera verursacht hatte, um den gleichen handelte, wie bei dem, der in Indien diese Krankheit hervorrief. Es war auch dort in Alexandria, dass er das Tuberkelbakterium endeckt hat (Anm. 48).


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3411: Unterstützung der Kommissionen

Die Kommissionen wurden vom Khediv unterstützt, der zwei Ärzte zur Verfügung stellte: den in ägyptischen Diensten stehenden Schweizer Arzt Schieß Bey der Material und Informationen zur Verfügung stellte,und den Abteilungsarzt des arabischen Hospitals, Hassan Riffii so dass, entgegen den Vorurteilen der Bevölkerung, die Autopsien von den Ärzten durch geführt und außerdem durch Kultur-Verfahren die Krankheitsursachen ermittelt werden konnten. Ebenfalls hatten die Ärzte die Möglichkeit, Affen, Hunde, Katzen, Hühner und Mäuse künstlich zu infizieren und so den Krankheitsverlauf zu untersuchen. Dies und vor allem die Autopsien mussten aber auf die Städte beschränkt werden. Der Ministerpräsident Scherif Pascha hatte Koch strengstens davon abgeraten, diese Experimente in den Dörfern durchzuführen, um aus religiösen Gründe mögliche Komplikationen zu vermeiden.

Die Arbeit der Kommission beschränkte sich aber nicht nur auf Cholera-Untersuchungen und entsprechende Laborversuche, sondern erstreckte sich auch auf die Erforschung und Behandlung anderer endemischer Krankheiten. Außerdem erstreckte sich die Arbeit auf die Besichtigung von wichtigen Einrichtungen, wie z.B. den 1860 erbauten Wasserwerken von Alexandrien und den neuerbauten Schlachthof von Tanta (s. unten Abschnitt 3412).

Die Delegierten, Dr. Hunter für England, Dr. Eck für die russische Regierung und Dr. Mahe, der als Beamter für Frankreich in Konstantinopel tätig und nach Alexandria gekommen war, lieferten Berichte über ihre Beobachtungen. Die experimentellen Studien beschränkten sich auf die zwei Kommissionen. Durch die Tagungen und Veröffentlichungen der Akademie der Wissenschaft in Paris waren die Kommissionen und die restliche Welt informiert. In Alexandria tagte der " Conseil Sanitaire, Maritime et Quarantenaire " und ließ über seine Arbeit im "Moniteur Egyptien" (Anm. 50) berichten. Andere Berichte lieferte "The Egyptian Gazette" (56, 48).

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3412 Quarantäne, Wasserwerke und Abwassersysteme (s.unten)


342: Die britischen Ärzte
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Es wurde bereits gezeigt, dass die Zeit zwischen 1870 und 1883 eine schlechte Periode für die Ägypter war. Das Gesundheitswesen war davon ebenfalls betroffen (s. Abschnitt 33). 1884 wurde Dr. F. M. Sandwith als erster Engländer bei der ägyptischen Regierung eingestellt. Zusammen mit Hassan Pascha Mahmud wurde er mit der Leitung des Gesundheitswesens beauftragt. Sandwith ist es zu verdanken, dass das Krankenhaus und die Medizinische Schule vor dem Ruin bewahrt wurden. Er reorganisierte die Verwaltung, ließ die Gebäude restaurieren und führte drastische hygienische Maßnahmen im ganzen Land durch. Im gleichen Jahr wurde Dr. Herbert Milton zum Direktor der Medizinischen Schule ernannt. 1885 wurde Sandwith als Leiter der Ambulanz tätig und blieb bis 1903, bevor er nach England, in diesem Amt zurückkehrte.

Nach der Eroberung des ägyptischen Sudan 1898 durch den englischen Heerführer Kitchener war Dr. Wellcome von der Wellcome Foundation einer der ersten, die dieses Land besichtigten. Im Jahre 1900 befand er es für notwendig, Laboratorien für tropische Forschungen zu gründen. Diese Laboratorien wurden im Gordon Memorial College in Khartum untergebracht. Zum ersten Direktor der Laboratorien wurde Sir Andrew Balfour ernannt, der diese Stellung zehn Jahre lang innehatte. Im Zusammenhang mit diesem Institut hatte Dr. Wellcome ein schwimmendes Labor ausgerüstet, in dem er auf dem Nil und seinen Nebenflüssen unmittelbar am Ort Forschungen betreiben konnte. Durch die Forschungen von Sir Anrew Balfour war es ihm zu dieser Zeit außerdem möglich, in diesen Orten der Verbreitung von Mücken entgegenzuwirken und so die Malariafälle zu reduzieren, so dass die Sterbequote von 70 auf 7 pro 1000 gesenkt wurde. Sir Andrew Balfour wurde 1914 zu einer Mission in viele tropische Länder entsandt und daran anschließend, im Jahre 1915, zum Mitglied des "Comité du Conseil Medical de L 'Armée du Levant" ernannt, für das er in Galipoli, Mazedonien und Ägypten diente. 1916 wurde er zu dessen Präsidenten nominiert und 1917, während seiner Inspektion in Ost-Afrika, wo Sir Andrew Balfour als wissenschaftlicher Berater des Generals Major die sanitären Verhältnisse verbesserte. 1918 wurde Balfour zum Präsidenten der Kommission des öffentlichen Gesundheitswesens in Ägypten ernannt um einen einen Plan für die Reorganisation der Dienste des öffentlichen Gesundheitswesens erstellen.

1907 nahm Dr. Wenyon die Stelle des Direktors für das schwimmende Labor von Dr. Wellcome ein, wo er Untersuchungen in Pathologie, Protozoologie und dergleichen auf dem Nil und seinen Nebenflüssen von Khartum aus südwärts durchführte. 1916 berief man Dr. Wenyon in das Komitee des " Medical Council ", wo er gemeinsam mit Sir Andrew Balfour arbeitete. Dort im Sudan und in Ägypten führten sie Untersuchungen über die amöbische Dysenterie und andere protozoologische Darminfektionen durch. Diese Forschungen lieferten wichtige Ergebnisse wie z.B. die Entdeckung bisher unbekannter Organismen, die beste Methode der Verabreichung der Brechwurzel, sowie ein System, die Erkrankungen sofort zu diagnostizieren, um unnötige stationäre Krankenhausaufenthalte zu vermeiden, und zwar nicht nur bei den bereits stationierten Truppen, sondern auch bei den soeben aus England neu eingetroffenen Soldaten. So wurde auch eine rasche Feststellung der Militärdiensttauglichkeit erzielt. 1917 ging Dr.Wenyon zur Erforschung der Malaria nach Saloniki. Im Jahr 1919 konnte ein motorisiertes medizinisches Labor in Betrieb genommen werden, das wertvolle Arbeit leistete. Außer Fortschritten in der Bekämpfung der Dysenterie und der Malaria ließen sich Verbesserungen bei den Wasserwerken, der Müllbeseitigung, sowie bei den Maßnahmen gegen Ankylostomiasis und Schistosomiasis (Bilharziose) erzielen. 1923 verließ Balfour Ägypten, um als Direktor der Schule für Hygiene und tropische Medizin in London zu arbeiten.

Im Zusammenhang mit dem weiteren Ausbau auf dem ophthalmologischen Gebiet ist Dr. A. F. MacCallan zu nennen, der in der Zeit von 1903 bis 1923 tätig war. In dieser Zeit sind 11 rollende und 23 feste ophthalmologische Krankenhäuser errichtet worden (107).

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343: Deutsche Ärzte im ägyptischen Staatsdienst

Nicht nur Engländer und Ägypter waren im Staatsdienst tätig, sondern auch Deutsche, wie zum Beispiel Dr. Emil Gottschlich, der 1896 als Direktor des städtischen Gesundheitsamtes von Alexandria seinen Dienst aufnahm. Gleichzeitig war er Delegierter beim Internationalen Gesundheits- und Quarantänerat in Alexandria. Bereits drei Jahre früher war Dr. Arthur Loos schon einmal kurz nach Ägypten gekommen, um sich mit dem Studium der Bilharziose zu befassen. 1896 kam er wieder nach Ägypten, um den Lehrstuhl für Biologie und Parasitologie an der Medizinischen Schule in Kairo zu besetzen. Dr. Heinrich Bitter war seit 1896 in Kairo als Inspektor des Sanitätswesens tätig.

Dr. Marie Siebold war die erste Frau, die als Ärztin in Ägypten tätig war. Sie war von 1907 bis 1912 Chirurgin in Kairo. Danach ging sie nach Tanta, wo sie als Chefärztin arbeitete. Sie fand die hygienischen Verhältnisse "äußerst primitiv, die Bevölkerung abergläubisch und ganz auf Wunderkuren eingeschworen, und die wenigen westlich eingestellten Bewohner fuhren lieber 100 km weit nach Kairo, um sich von Ärzten untersuchen zu lassen." Sie kam also nicht zur vollen Ausübung ihrer Tätigkeit, wie sie es gewünscht hatte, da sie sich nur mit der Behandlung von Säuglingen und Kleinkindern zu befassen hatte, die man ihr nach Behandlungserfolgen zu rasch entzog (23).

Alle vier Ärzte u. a. wurden dann 1914 beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges wegen ihrer deutschen Zugehörigkeit von den Briten ausgewiesen.

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3412: Quarantäne, Wasserwerke und Abwassersysteme

Im Folgenden sollen die drei Quarantäne-Anstalten von Alexandria näher beschrieben werden. Danach folgt einer Beschreibung der Wasserwerke von Alexandria und Kairo. Abschließend Abwassersysteme beider Städte (s. Originaltext von Robert Koch in Anm. 48).

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34121: Die drei Quarantäne-Anstalten von Alexandria

Zunächst wird auf die Anstalt im Stadtteil Gabbari (341211) eingegangen, dann folgt die Schilderung der provisorischen Anstalt Ras-el-Tin (341212). Danach folgt eine kurze Darstellung der Anstalt von Chatby (341213), die als Beobachtungsstation für importiertes Vieh diente.

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341211: Die Anstalt von Gabbari

In Alexandria existierte 1883 in dem Stadtteil Gabbari noch das im Jahre 1858 als Quarantäne Anstalt eingerichtete Gebäude. Es war ursprünglich das von Said-Pascha erbaute Schloss des Vizekönigs. Dieses Schloss lag inmitten eines großen Parks und diente als Verwaltungsgebäude. Daneben befand sich ein zweites Gebäude, das als Wohnung für die Beamten diente. Die eigentlichen Quarantäneräume schlössen diese zwei Gebäude ein und waren durch hohe Mauern von der Außenwelt abgeschirmt. Der Eingang ähnelte dem einer Festung und wurde von Soldaten bewacht. Die Einrichtungen, die auch Desinfektionsabteilungen enthielten, bestanden aus Räumen, die völlig voneinander isoliert waren und sich nach drei Preisklassen unterschieden. Die unmittelbare Berührung der Kranken mit dem Personal war ausgeschlossen. Zu jedem der Wohnräume gehörte ein kleiner Kochraum mit Herd. Dahinter lagen Toiletten ohne Sitzvorrichtung (sogenannte französische Toiletten). Die Abflüsse der Latrinen waren Senkgruben, die durch tägliches Einschütten von Eisenvitriol, desinfiziert werden konnten. Die Wohnräume der 1. und 2. Klasse waren mit Betten, die der 3. Klasse mit Bänken versehen. Die 1. Klasse kostete 15 PT (Piaster, 5 PT = ca. 1 RM), die der 2. Klasse 12 PT und die der 3. Klasse 5 PT täglich. Für Kinder, Soldaten und Arme waren Aufenthalt und Behandlung kostenlos.

Die Anstalt konnte insgesamt ca. 400 Personen aufnehmen. Im südlichen Teil und in den äußeren Hofräumen befanden sich vier nebeneinander gelegene Desinfektionsabteilungen. Jede Abteilung war in zwei Räume aufgegliedert. Der größere vordere Teil war an den Wänden mit Holzgestellen zum Lagern bzw. zur Desinfektion von Waren versehen. Der kleine hintere Raum diente der Desinfektion von Reisegegenständen, Kleidern und Wäsche. Die Desinfektion wurde mit schwefliger Säure durchgeführt. Für ganze Familien waren Einrichtungen vorhanden, die einige hundert Meter von der Anstalt entfernt lagen und den Evakuierten aus der Umgebung zur Verfügung standen. Die Anstalten waren alle mit filtriertem Leitungswasser versorgt (56).

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341212: Die Anstalt am Meer (Ras-el-Tin)

Im Sommer 1883, als die Cholera-Epidemie in Kairo wütete, wurde für etwa einen Monat eine provisorische Anstalt als Quarantänestation zur Verfügung gestellt. Es handelte sich um eine alte Kaserne in einem Vorort (Ras-el-Tin), etwa fünf Kilometer östlich von Alexandria gelegen, die ca. 500 Personen aufnehmen konnte. Für die Patienten der 3. Klasse gab es im Hof der Kaserne Bretterschuppen mit mehreren voneinander getrennten Räumen, deren Boden aus festgestampfter Erde bestand. Licht drang nur durch wenige kleine Fenster, und aus diesem Grund wird wohl auch die Luft dort modrig gewesen sein. Für die Personen der 1. und 2. Klasse diente der 2. Stock dieser Kaserne. Die Räume waren, so wie in der Anstalt von Gabbari, mit Betten und Matratzen versehen, wobei sich hier einige Mängel herausgestellt hatten. Koch berichtete, dass Fensterscheiben zum Teil zerbrochen waren und der Fußboden vielfach schadhaft gewesen sei. Zwei große Räume in demselben Stock waren als Lazarett für die an der Cholera Erkrankten bestimmt (19 Cholerafälle waren vorgekommen) und mit bequemen, mit Moskitonetzen versehenen Betten ausgestattet. So schnell wie möglich sollten die Cholerakranken nach Gabbari gebracht werden. Das Gebäude lag hoch, auf festem Boden und war dem frischen Wind ausgesetzt, was sich als Vorteil erwies. Auch hier wurden die Insassen mit Leitungswasser aus dem städtischen Wasserwerk versorgt (56).

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341213: Die Anstalt von Chatby

Diese damals 30 Jahre alte Anstalt hatte zu jener Zeit nur historischen Wert und war nur noch als Beobachtungsstation für importiertes Vieh in Gebrauch. Auf der Ostseite der Stadt gelegen, war sie mit vielen Stauungen versehen, die ca. 100 Stück Vieh aufnehmen konnten. Der Transport des Viehs vom Hafen wurde aus Sicherheitsgründen nachts durchgeführt, in der Nähe der Anstalt befanden sich der städtische Schlachthof und mehrere Gerbereien (56).

34122: Die Wasserwerke von Alexandria und Kairo

Einer Beschreibung des 1860 erbauten Wasserwerkes von Alexandria, das über einen Kanal , Filteranlagen und Röhrennetz mit der Stadt verbunden war (341221), folgt die Darstellung des Wasserwerkes von Kairo (341222).

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341221: Das Wasserwerk von Alexandria

In früheren Zeiten war es üblich, dass Wasser von den Wasserträgern (Saqqa) direkt aus dem Kanal entnommen und in die Häuser gebracht wurde. In den Häusern der besser situierten Bewohner befanden sich Zisternen (auf dem Dach), die Wasser aus dem Mahmudiya-Kanal erhielten. Sie wurden während des Hochwassers gefüllt und deckten für das ganze Jahr den Bedarf. Die Zahl dieser Zisternen soll im Laufe der Jahrzehnte stark abgenommen haben. Koch besichtigte 1883 das 1860 in Alexandria erbaute Wasserwerk. Er berichtet, dass es ursprünglich einer französischen Gesellschaft gehört hatte und dann von der ägyptischen Regierung übernommen wurde. Im Jahr 1879 ging es an eine britische Gesellschaft unter der Leitung des Ingenieurs Mr. Cornish über. Das Wasser wurde aus dem Mahmudiyah-Kanal zunächst in einen kleinen offenen Kanal gepumpt und zum östlichen Teil der Stadt geleitet. Von dort wurde es durch eine geschlossene Leitung zu den Filteranlagen geführt, nach beendeter Reinigung zum Reservoir hinaufgepumpt und von da aus durch das Röhrennetz in der Stadt verteilt. Die Filteranlagen wurden normalerweise alle neun Tage und in der Überschwemmungsperiode alle drei Tage von Schlamm und organischen Substanzen gereinigt. Das Reservoir (in Kom-el-Dik) war aus Eisen konstruiert und hatte einen Rauminhalt von 7000 Kubikmetern. Im Winter wurden der Stadt täglich 16.000 bis 17.000, im Sommer 21.000 bis 22.000 Kubikmeter Wasser zugeführt. Von insgesamt 16.000 Häusern waren ca. 4.000 an die Wasserleitung angeschlossen. In den Straßen befanden sich auch zahlreiche Hydranten, aus denen die Entnahme normalerweise nicht ohne Gebühr erlaubt war. Während der Epidemie konnten jedoch die Bedürftigen das Wasser kostenlos entnehmen. Das Kanalwasser war nicht nur vom Schlamm verunreinigt, denn an den Haupt- und Seitenkanälen zu beiden Seiten dieser offenen Wasserläufe lagen Häuser. Die Anwohner verrichteten hier ihre Notdurft, wuschen ihre Kleidung, sich selbst und auch das Vieh. Bei der Besichtigung der Filteranlagen stellte Koch ferner fest, dass die starke Trübung des zugeführten Kanalwassers auch nach der Filtrierung nicht völlig beseitigt war, aber er meinte, dass sehr wahrscheinlich in dem Reservoir eine Sedimentation stattfand, denn das aus den Röhren in der Stadt entnommene Wasser zeigte keinerlei Trübung mehr. Eine bakteriologische Untersuchung im griechischen Hospital vom 19.September 1883 zeigte, daß das aus der Leitung entnommene Wasser klar und farblos war und dass ein Kubikzentimeter 1.320 Keime enthielt, im Vergleich dazu kamen im Wasser aus dem Mahmudiyah-Kanal an der Stelle des zu den Wasserwerken führenden Seitenkanals 46.000 Keime vor. Weiterhin wurde eine Untersuchung des Trinkwassers der Bessergestellten vorgenommen. Bei dieser Bevölkerungsschicht wurde das Wasser aus der Leitung entnommen und regelmäßig einer zweiten Filtration durch poröse Tongefäße unterworfen: Dort ergab sich ein Gehalt von 120 Keimen in einem Kubikzentimeter. Am 20. September wurde dann das Trinkwasser aus der Leitung des von der Kommission bewohnten Hotels untersucht. Man fand 2000 Keime pro Kubikzentimeter. Aus diesen Zahlen schloss Koch ferner, dass das durch die städtische Leitung den Bewohnern zugeführte Wasser tatsächlich zum größten Teil von den vor der Filtration in ihm enthaltenen Mikroorganismen befreit war, wenn auch der Gehalt an solchen noch beträchlich größer war als etwa der im Berliner Leitungswasser (56).


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341222: Das Wasserwerk von Kairo

In Kairo gab es - wie in Alexandria - ein von einer privaten Gesellschaft geführtes Wasserwerk,und zwar am südlichen Ufer des Ismailia-Kanals. Die Stadt war seit mehreren Jahren mit einer Wasserleitung versehen, an die 51 Straßen mit einem Röhrennetz angeschlossen waren. Straßen wurden mit filtriertem, sechs mit unfiltriertem Wasser versorgt - im Durchschnitt lieferte das Wasserwerk 22.000 Kubikmeter Wasser täglich. Doch die Qualität des Wassers in Kairo war noch geringer als in Alexandria, wenngleich es - je nach Entnahmestelle - Unterschiede gab. Zum Beispiel Beobachtungen des in Kairo ansässigen österreichischen Arztes von Becker ergaben bei einem Besuch der Cholerakranken in Boulaq, dass das Wasser des Krankenhauses aus einem Kanal stammte, an dessen Ufer Frauen die getragene Wäsche der Kranken aus diesem Viertel wuschen und wo die Bewohner ebenfalls ihre Wäsche,sich selbst,und ihr Vieh in dem Wasser wuschen, das dann weitergeleitet wurde und dass dieser Kanal an das Röhrennetz des städtischen Wasserwerkes angeschlossen war. Doch waren auch in Kairo viele Häuser mit eigenen Zisternen versehen, die während des Nil-Hochwassers gefüllt wurden und die Besitzer für das ganze Jahr mit Wasser versorgten. Erst später, als die Epidemie bereits ihren Höhepunkt überschritten hatte, gelang es, die Gesellschaft dazu zu bringen, das Wasser nicht mehr aus dem Ismailia-Kanal, sondern ausschließlich aus dem Nil zu entnehmen. Diese Maßnahme aber besserte den Zustand nicht, denn oberhalb der Entnahmestelle am Nil mündeten Abflusskanäle in den Strom, durch die Fäkalien u.a. in reichlichen Mengen zugeführt wurden. Außerdem wurde neben dem Leitung wasser in Kairo von der ärmeren Bevölkerung, wie überall in Ägypten, noch direkt aus dem Nil oder den Kanälen geschöpftes Wasser benutzt (56).

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34123: Abwassersysteme

Alexandria und Kairo besaßen schon zu Zeiten Robert Kochs ein Netz von Abwässerkanälen Koch kritisierte die Kanalisation in beiden Städten. Im folgenden soll zunächst von Alexandria (341231), dann von Kairo (341232) die Rede sein. Die Kritik von Robert Koch wird jeweils wörtlich zitiert.

341231: Abwassersysteme von Alexandria

Koch schreibt, dass trotz der existierenden Kanalisation infolge der geringen Höhe über dem Meeresspiegel der Abfluss ins Meer nicht genügend erfolgen kann. Auch das neue Kanalnetz (erbaut 1868 und 1870) hat ein zu geringes Gefälle. Besonders die Sanitäreneinrichtungen sollen unzureichend funktioniert haben (s. Text in Anm. 48).

341232: Abwassersysteme in Kairo

Auch hierüber hat sich Robert Koch 1883 geäußert. Er macht zugleich Verbesserungsvorschläge
(s. Text in Anm. 48).

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4: Gesundheitswesen unter den Ägyptern

41: Die Zeit nach dem ersten Weltkrieg bis zum Ende der Monarchie (1918-1952) top

Trotz Beginn der Unabhängigkeit 1922 und der konstitutionellen Monarchie unter König Fuad blieben zunächst britische Truppen weiterhin bis 1936 im Lande .

411: Das Gesundheitsministerium wird gegründet (1936 )

Die Balfour-Kommission (s. Abschnitt 342), die schon 1918 eine Abteilung für das öffentliche Gesundheitswesen eingerichtet hatte, schlug einige Zeit später die Gründung eines Gesundheitsministeriums vor, also einen wesentlichen Schritt zu umfassenden hygienischen Reformen in Ägypten, einem Land, das solche Verbesserungen dringend nötig hatte.

1923 traf die Regierung aber eine halbe Lösung, indem sie die bestehende Abteilung für das öffentliche Gesundheitswesen dem Innenministerium zuordnete. Die Schwerpunkte, wie unhygienische Verhältnisse, bereits verbreitete endemische Krankheiten, Probleme der Wasserversorgung, Müll- und Abwasserbeseitigung in den Dörfern, hatten die Regierungskräfte nach Meinung der Kommission noch nicht zur Kenntnis genommen, denn 1935 waren diese Probleme noch nicht gelöst.

Ein Grund war, dass sie nicht von nur einem Teil eines Ministeriums allein gelöst werden konnten. Dennoch war einiges durch die Abteilung für das öffentliche Gesundheitswesen unter der Leitung von Dr. Shahin Pascha geleistet worden, denn nicht nur die präventive, sondern auch die kurative Medizin wurden verbessert. Die Schwierigkeit, diese Probleme zu lösen, lag nicht nur an der Administration und den Finanzen der Abteilung für das Gesundheitswesen, sondern sie ergab sich vor allem daraus, dass eine Zusammenarbeit zwischen den vielen einzelne und unabhängige Ämter unzureichend war, wie z.B. zwischen den Gesundheitsämter, die medizinische Versorgung in, Zuchthäusern, Quarantänedienste u.a. einerseits und den städtischen und privaten Einrichtungen und andere Ämter in den Städte und auf dem Lande andererseits zu koordinieren. 1935 wurde dann diskutiert, ob ein einziges Ministerium für alle Gesundheitsbereiche u.a. die Probleme besser lösen könnte. Dieses Ministerium wurde 1936 in Kairo gegründet (108A).

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1936 begannen die Briten ihre Truppen aus allen Stützpunkten abzuziehen, ausgenommen der Suez-Kanal-Zone. 1951,nach Kündigung des britisch-ägyptischen Vertrages begannen sie auch dort ihre Besatzungstruppen vollständig abzuziehen..

Nach dem Tod Fuads wurde sein Sohn Faruk 1937 König. Während der seit mehreren Wochen andauernden recht heftigen Unruhen Anfang 1952 in Kairo und Alexandria wurden, wie 1882, viele der dort lebenden Europäer, vor allem Briten, aber auch wohlhabenden Ägypter und Levantiner wieder Opfer dieser blinden Wut. Die Feuerwehr konnte nicht alle Brände löschen, die Polizei nicht alle Plünderungen verhindern und die Ärzte und Sanitäter waren überfordert. Zum Schutz der bedrohten Bevölkerung kam diesmal keine fremde Macht zu Hilfe, sondern die ägyptische Armee, die kurz darauf, nach einem Staatsstreich,1952 König Faruk zum Abdanken zwang und ihn nach Frankreich ins Exil schickte.

42: Große Reform des Gesundheitswesens unter Nasser und seinen Nachfolgern (1953 bis heute). Zu erwähnen ist hier vor allem
die Einführung der kostenlose medizinische Versorgung.

Im folgenden wird auf die Reform des Gesundheits- wesens unter Nasser und seinen Nachfolgern eingegangen. Heute ist das Gesundheitsministerium in Kairo (421) für die Gesundheitsüberwachung (422) 
.zuständig .

421: Das Gesundheitsministerium

Das Gesundheitsministerium ist das Ministerium für das Öffentliche Gesundheitswesen (Ministry of Public Health) und ist das zuständige Organ für die heutige Gesundheitsüberwachung. Es hat seinen Sitz in Kairo und arbeitet eng mit anderen Ministerien zusammen, vornehmlich mit den Ministerien für Landwirtschaft, für soziale Angelegenheiten und für Städteangelegenheiten. Die Gesundheitsämter, die das Ministerium unterstehen, sind für die übrigen Städte und Teile des Landes zuständig. Die medizinischen Einrichtungen und Institute, Waserwerke, Fleischbeschau, Müllbeseitigung und Kläranlagen werden direkt oder indirekt vom Ministerium verwaltet. Ferner steht es auch in enger Verbindung mit der UNESCO und der WHO. Die anderen genannten Ministerien sind mit dem Bau und der Sanierung von Krankenanstalten beschäftigt und tragen unter anderem Sorge für das einebnen von Tümpeln und das Trockenlegen von Sümpfen (77, 27, 108).

422: Hauptaufgaben

Zu den Hauptaufgaben des Gesundheitsministeriums gehören die Gesundheitsüberwachung auf dem Land (4221) und in den Städte (4222). Die Schwerpunkte der Gesundheitsversorgung im ganzen Lande (4223) werden einzeln besprochen.

Die wichtigsten Aufgaben sind die Sozialhygiene, Städtesanierung und die Erforschung und Bekämpfung der endemischen Krankheiten. Seit einiger Zeit verstärken sich die Probleme des Bevölkerungszuwachses, und zwar hauptsächlich auf dem Lande.

4221: Gesundheitsüberwachung auf dem Lande

Im folgenden werden die Rural Health Centres (Gesundheitsämter, 42211) und die Rural Health Units (Sanitätsstationen, 42212), die eine besondere Stelle nehmen, einzeln beschrieben.

42211:Gesundheitsamt (Rural Health Centre)

Ein solches Zentrum oder Amt steht zusammen mit einer Schule und einem Wohnviertel unter der Leitung des Dorfrates und ist für die Betreuung von rund 15.000 Einwohnern (kleine Städte einschließlich benachbarter Dörfer) gedacht. Für diese Bevölkerung steht ein Krankenhaus zur Verfügung, indem in der Regel Operationssaal, Ambulanz, Schwangeren-und Säuglingsfürsorge und Demonstrationsraum für Hygiene maßnahmen vorhanden sind. Das Personal besteht meist aus einem ganztägig arbeitenden Arzt, Sozialagrarexperten, Hebamne, Hilfspersonal und anderen Beschäftigten. Das Zentrum ist groß, aber bescheiden und im Baustil den Dorfhäusern angepasst, um auf die Fellachen nicht fremd zu wirken (27, 83, 2).

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42212: Sanitätsstation (Rural Health Unit)

Für Gemeinden, die eine Bevölkerung von unter 15.000 Einwohnern aufweisen, sind diese Einrichtungen auf dem Lande konzipiert worden. Sie sind überall dort zu finden, wo kein Gesundheitsamt in günstiger Nähe liegt und nur zur ambulanten Behandlung errichtet.Meistens sind sie mit einem Arzt, einer Hebamme sowie einem Sanitäter und Wächter besetzt. Die Sanitätsstation ist normalerweise ein sehr kleines Ge- bäude und liegt direkt an einer asphaltierten Straße. Sie besteht aus einem Arztezimmer mit Warteraum, einer kleinen Notfall-Apotheke (Dispensary) und einem kleinen Labor. Letzteres ist nur für kleine diagnostische Zwecke ausgerüstet, d.h. für Blut- und Urinuntersuchungen (nach Bilharziose), Blutdruckmessungen, Impfungen, Spritzen, Verbände und ist mit Instrumenten für kleine chirurgische Eingriffe ausgestattet. Für andere diagnostische Maßnahmen und Behandlungen (z.B. Röntgen oder Operationen) muss der Patient in die nächste Stadt fahren bzw. gefahren werden. Für diesen und dringenden Fälle steht unmittelbar neben der "Health Unit" stets (s. Abb. 11-14) ein Krankenwaren bereit.

In manchen Gegenden sind (1987) diese Sanitätsstationen durch Health Centres (Gesundheitsämter) ersetzt worden (101).


4222: Gesundheitsüberwachung in den Städten

In den Städte wird großer Wert auf die Wasserhygiene (42221) gelegt. Weiter wird über die Entsorgung berichtet. (42222), sowie über die Krankheits- und Seuchenvorbeugung im einzelnen (42223)

42221: Wasserhygiene

Unter den Punkt Wasserhygiene fallen die Überwachung der Trinkwasserversorgung (422211), der Badeeinrichtungen (422212) sowie die Abwasserbeseitigung (422213).
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S. auch Anm.51 ( Leben auf dem Dorf, Abschnitt :Essen und Trinken)

422211:Trinkwasserversorgung

Der Nil ist die einzige Wasserquelle (ausgenoromen die Oasen und einige Tiefbrunnen), die die Städte mit ausreichenden Mengen Wasser versorgen kann. Die Methode zur Reinigung des Nilwassers ist die Sedimentation mit Koagulation und einschließender Chlorierung (82). Dieses Verfahren wird in modernen Wasserwerken unter der Leitung des Gesundheitsministeriums durchgeführt. Nicht nur die Großstädte, sondern auch kleine Städte, (ab 15.000 Einwohnern) besitzen solche Wasserwerke, die denen in Europa ähneln (108). Folglich gibt es für diese Einwohner keimfreies Wasser, vergleichbar z.B. mit dem Trinkwasser in Berlin, das durch ein Röhrennetz auf die Häuser verteilt wird. Die kleinen Städte und Dörfer werden mit einer Wasserleitung an einen günstig liegenden Brunnen angeschlossen, der sie mit Wasser versorgt. Von dort holen sich die Dorfbewohner oder der Saqqa (Wasserträger Anm.43) Wasser.


422212: Badeeinrichtugen

Um zu verhindern, dass die Bevölkerung in den Kanälen und im Nil badet, klärt das Ministerium über die damit verbundenen Gefahren (Bilharziose, Strömungen, Krokodile) in den Schulen und Medien auf. Das Baden in den Schwizbädern wird gefördert und das in den Schwimmbecken chlorierte Wasser regelmäßig kontrolliert ( 77 ).

422213: Abwasserbeseitigung

In Kairo wird die " Jones ejector " Methode (82) für die Kanalisation von Häusern und Krankenhäu- sern angewandt. Die Abwässer werden in die Kläranlage in Gabal-el-Asfar außerhalb Kairos geleitet, analysiert und dann in den Nil abgelassen. ln Alexandria führt die Kanalisation über Gullysysteme in Kläranlagen dann ins Meer (nach dem europäischen Prinzip) geleitet (75) und zwar 800m von der Küste entfernt an einem geeigneten Ort, wo die Strömung dies erlaubt. In Ägypten wird das "kombinierte System" (Haushalts- und Straßenwasser zusammen) aufgrund des mangelnden Regens durchgeführt.

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422214: Abflüsse von Waschbecken, Badewannen und Duschen

Abflüsse von Becken aus Küche und Bädern münden in ein gemeinsames Rohr und gelangen in das Hauptrohr der Kanalisation. Die Aborte haben wie in Europa einen getrennten Abfluss, der in die Kanalisation geleitet wird.

422215: Toiletten

Die öffentlichen Toiletten ähneln denen in Südeuropa. Die Aborte bestehen im allgemeinen aus sogenannten "französiscclen Toiletten" ohne Sitzvorrichtung, bei denen an der Seite ein Hahn für fließendes Wasser zum Waschen installiert ist. Darüber befindet sich der Syphon zum Abspülen. In den meisten Häusern im Stadtzentrum findet man heute überwiegend welche mit Sitzvorrichtung, sie sind zusätzlich mit einem dünnen Rohr innerhalb des Abortes ausgestattet und ersetzen das "Bidet".

42222: Entsorgung

Es gibt in Ägypten zwei Arten der Entsorgung. Die eine wird durch private lizensierte Sammler, die andere durch städtische Einrichtungen vorgenommen. Diese Sammler, die "Zabballin" (zu deutsch: Müllleute), sorgen dafür, zunächst, dass der Abfall aus den Mülltonnen der Häuser und Läden gesammelt und zu einer Deponie ausserhalb der Stadt gebracht wird. Die städtische Müllabfuhr verfügt über Lastwagen, Müllcontainer und angestellte Straßenkehrer, (s. Abb. 8-10) die mit Karren und Besen ausgerüstet sind. Sie sorgen für die Sauberkeit in den Straßen, sammeln die Abfälle in ihren Karren und laden sie in die Container, die spät in der Nacht, wenn kein Straßenverkehr mehr herrscht, auf Müllwagen entleert werden. In der Mülldeponie sortieren die Zabballin sorgfältig die noch verwendbaren Dinge aus dem Abfall aus - Papier, Metall, Glas u .a. und verkaufen sie an Interessenten. 95% des Abfalls werden auf diese Weise wiederverwendet (zur Zeit der Expedition bereits beschrieben s. 3, 80, 66).

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42223: Krankheits- und Seuchenvorbeugung- oder bekämpfung.

Hier werden über die Krankheiten hingewiesen und Beispiele verschiedenen Tierarten, die als Krankheitsüberträger in Frage kommen, kurz beschrieben.


422231 Krankheitsübertrager                                                                                                                                                              
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Krankheitsüberträger können außer Menschen, andere Warmblüter oder Gliederfüßer sein. Wobei Übertragung bedeutet nicht, dass bloß durch ihre Anwesenheit ansteckend sind sondern, dass eine Übertragung durch z.b. Essen infiziertes Fleisch oder Eier, Trinken ungekochte Milch oder durch Tröpfcheninfektion (Abhusten), Stich, Biss oder Kontakt mit Speichel, Urin oder Kot von infizierten bzw. kranken Tieren oder kranken Menschen stattgefunden hat, zu verstehen. Ferner muss man zwischen infiziert und krank unterscheiden. Wobei vorweggenommen, an dieser Stelle, folgendes gesagt werden muss: Nicht jeder kranker Mensch oder nicht jedes krankes Tier anderen infizieren muss oder kann nur weil er krank oder ansteckend ist. Die Geschichte lehrt (s. Epidemien), dass trotz Kontakt jeglicher art mit infizierten oder sehr kranken Menschen oder Tieren und bei jeder Epidemie, bei einer beträchtlichen Anzahl Menschen und Tiere, nicht immer zu Ansteckung oder Erkrankung geführt hat (Kinderkrankheiten, Grippe, HIV, SARS, usw.).

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4222311: Warmblüter

Hier handelt es sich hauptsächlich um Beispiele von Vögel, Nagetiere, Hunde und Katzen, Reit- und Herdentiere, die falls sie Krank sind, direkt (Biss, Speichel, Urin oder Kot) oder passiv (z. B. durch Fliegen, Mücken oder Flöhe) Krankheiten übertragen können.

42223111: Vögel
 
Hier sind Papageien wegen Psittakose und andere Vögel wie Hühner, Tauben, Enten, Gänse, Möven u.a. wegen der Übertragung von hauptsächlich Ornithose von Bedeutung.

42223112: Kaninchen, Ratten und Mäuse

In ihrer Bedeutung als Krankheitsüberträger stehen Ratten an erster Stelle. Seit Mitte dieses Jahrhunderts soll die Pest zwar nicht mehr vorkommen (82), doch können Nagetiere sehr viele andere Krankheiten übertragen (z .B. Listeriose, Typhus, Tuberkulose, Lepra) durch Urin und Kot der Tiere. Obwohl heute nur aus wirtschaftlichen Gründen bekämpft, werden gelegentlich Stichproben gemacht und die Ratten untersucht. Dies geschieht, indem man sie lebend fängt und dann auf infektiösen Flöhe und auch immunologisch u.a. untersucht. Für die Beseitigung von Ratten auf Schiffen wird die Methode der Fumigation (Giftgas) angewandt. In den Städten, besonders in dicht besiedelten Gebieten, ist dies nicht praktikabel und auch sehr gefährlich. Andere Rattengifte sind ebenfalls nicht überall einsetzbar, hauptsächlich Dicumarolderivate (Giftpulver, die die Blutgerinnung verhindert) werden in Ägypten nur in Straßenabflüssen und Lagern angewendet, aber auch dort mit Zurückhaltung. Man verläßt sich sonst auf die natürlichen Feinde, wie Katzen (seltener Hunde), die sehr zahlreich sind. Überschwemmungsperiode, die heute ausbleibt, auch ein ausgezeichnetes Mittel, um die Ratten zu dezimieren. Von den Gesundheitsbehörden sind einige Vorschriften erlassen worden, für deren Befolgung sich auch das Ministerium für Städtesanierung einsetzt. Zunächst für eine ordnungsgemäße Lagerung von Getreide und Lebensmitteln und eine umfassende Müllbeseitigung zu sorgen. Vor dem Bau eines Gebäudes, heißt es in den Vorschriften, ist darauf zu achten, dass die Baustelle keine Ratten beherbergt bzw. dass vorhandene Brutplätze beseitigt werden, was meistens schon durch die herumstreunenden Katzen besorgt wird. Ebenso soll die Entstehung von Rattenansiedlungen in alten Gebäuden verhindert werden, indem man Risse in Mauern und Wänden abdichten läßt. Freiliegende Rohre und Belüftungsanlagen sollen für Ratten unzugänglich gemacht werden. Ferner ist darauf zu achten, dass Schiffefrei von Ratten sind und dass die Seile geteert und mit Metallstacheln versehen sind (82, 69). Mäuse werden entweder von der Bevölkerung selbst, von privaten Firmen, die Kammerjäger entsenden, oder vom Gesundheitsamt bekämpft, das die Bevölkerung mit Giften oder Mausefallen versorgt (69, 45) Kranke Kaninchen werden durch die Fleischbeschau erfasst.
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42223113: Hunde

Hunde werden in erster Linie wegen Tollwutgefahr kontrolliert. Tollwut ist jedoch selten (1977 16 Fälle). In zweiter Linie geschieht dies wegen: Echinokokken, Leishmaniasis und Viruserkrankungen. Streunende Hunde werden mit Netzen eingefangen, in städtischen Spezialwagen abtransportiert und in Käfigen untergebracht, wo sie dann untersucht werden. Meldet sich innerhalb von drei Tagen kein Besitzer, werden die Hunde getötet. Es ist vorgeschrieben, dass jeder Hundebesitzer Ägypten seinen Hund mit einem Halsband versieht, dass eine Plakette mit der Hundesteuernummer hat. Voraussetzung für die Hundehaltung ist die Tollwutimpfung. Bissige Hunde müssen Maulkörbe tragen (46, 94).

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42223114: Katzen

Eine Katze ist in fast jedem ägyptischen Haushalt zu finden. Es gibt sonst auch noch sehr viele streunende Katzen in Ägypten. Katzen werden nicht wie Hunde verfolgt und müssen, wie in Deutschland nicht registriert (Steuernummer) werden. Gelegentlich finden jedoch Stichproben und Untersuchungen bei Katzen statt. Die Gesundheitsbehörden sehen vom Fangen der Katzen schon wegen der Bekämpfung von Mäusen und Ratten ab (46)

42223115: Reit- und Herdentiere

Hier einige Beispiele von Erregern bzw. Krankheiten, die durch folgenden Tiere oder deren Produkte übertragen werden können (46, 94).

Pferde und Esel:

Malleus (Malleomyces mallei), Tetanus, Bruccellose, Tollwut (selten), Rotlauf, Milzbrand ( 94 )

Kamele:

Milzbrand (Bacillus anthracis), Tollwut (selten).

Rinder:


Rinder-Tuberkulose, Milzbrand, Salmonellen, Parathypus, Rotlauf, Diphtherie, Maul- und Klauenseuche, Toxoplasmose, Brucellose (Brucellaabritus), Q-Fieber, Leptospirose. (L. icterohaemorrhagiae) und Taenia saginata.

Schafe:

Maul- und Klauenseuche, Rotlauf, Milzbrand, Q-Fieber, Echinokokkose (Echinococcus granulosus) und Toxoplasmose. Die Schafe kann auch den Leberegel (Fasciolahepatica) übertragen.

Ziegen:

Brucellose, Milzbrand, Q-Fieber. Besitzer von Reittieren bzw. Kameltreiber u.a. müssen eine Lizenz haben, auf der u.a. die Gesundheit der Tiere bescheinigt wird. Außerdem müssen sie die Tiere in regelmäßigen Abständen untersuchen lassen. Die Gesundheitsbehörden unternehmen stichproben, indem sie ab und zu Tierärzte in die Dörfer entsenden, die die Nutztiere und die Herden untersuchen.



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4222312: Arthropoden (Gliederfüßer) von medizinischer Bedeutung


Das sind Insekten (sechsbeinig) oder Spinnentiere (achtbeinig).

Unter den Insekten sind hier Fliegen und Mücken von Wichtigkeit. Andere sind Schaben, Wanzen, Läuse und Flöhe. Letztere werden von der Bevölkerung selbst oder von Kammerjägern aus privaten Firmen bekämpft. Phlebotomen (Sandmücken), die die Hautleishmaniose übertragen können sind selten. Einige Spinnentiere, nähmlich Zecken, die je nach Art, Enzephalitis bzw. Fleckfieber übertragen können oder Milben z.B. Sarcoptes scabiei, die Krätze verursachen können sind dagegen seltener.

Als natürliche Feinde gelten Eidechsen, Chamäleons, Spinnen, Wespen u.a., die seltener geworden sind durch Hochhäuser, asphaltierte Straßen, weniger Grünflächen, Überbevölkerung und Vertilgungsmittel. Hinzukommt, dass diese Tierarten von der Bevölkerung als giftiges Ungeziefer angesehen und daher vernichtet werden (76).


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Fliegen:

Folgende Arten überwiegen:
Musca domestica vicinia und Musca sorbens machen zusammen 90% aus und halten sich die Waage. Fliegen können folgende Krankheiten passiv übertragen:
1. über Lebensrnittel:
Ruhr, Typhus, Paratyphus, Cholera, Salmonellosen, Polio und häufig Askaris-Eier,
2. auf die Augen: Trachom und andere Augenentzündungen,
3. auf die Haut: Pocken und Wundsepsis.
Bekämpfung: Beseitigung von Brutplätzen oder mit Insektiziden.

Mücken:

In Ägypten gibt es drei Mückenarten, die bei der Übertragung der Filariasis, einer davon Simulium damnosum überträgt die Onchozerkose (s. unten: Abschnitt 42233 Onchozerkose) und die zwei anderen, hauptsächlich der Wuchereria bancrofti, die von Bedeutung sind. Hauptüberträger ist hierbei die Culex pipiens, weil sie die Filarialarven von allen Mückenarten am längsten trägt. An zweiter Stelle ist die Culex antennatus zu nennen, die im Nildelta auftritt. 1977 wurden 407 Fälle von Filariasis verzeichnet, was verdeutlicht, dass diese Erkrankung relativ unbedeutend ist. Die Überträger der Malaria sind in Ägypten die Anopheles pharaonensis, die Anopheles sergenti, die Anopheles garobiae und selten die Anopheles multicolor. Hierbei überwiegen die Erreger Plasmodium vivax, P. rmalariae und falciparum. Dank der Gesundheitsvorsorge hat die Malaria aber rapide abgenommen durch die Malaria-Prophylaxe, die Austrocknung von Sümpfen, das Einebnen von Tümpeln und die Verwendung von Insektiziden, wobei letzteres immer schwieriger wird, wegen zunehmender Resistenz- entwicklung der Mücken. Gab es im Jahre 1973 noch 6.000 Fälle, so wurden 1977 nur noch 620 Fälle von Malaria verzeichnet (46).


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422232 : Übertragbare Krankheiten
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Das sind Krankheiten, die durch Krankheitserreger, nähmlich Bakterien, Viren, Pilze und Parasiten von Mensch zu Mensch oder Tier zu Mensch übertragen werden. Diese sind in melde- und nichtmeldepflichtige Krankheiten unterteilt. Sie werden nach den internationalen und nationalen hygienischen Schutzmaßnahmen bekämpft. Besondere Vorschiften gelten für Schulen, öffentliche Einrichtungen u.a. (WHO, 13).

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4222321: Die meldepflichtigen Krankheiten

Die unten aufgelisteten Krankheiten sind meldepflichtig, weil sie sehr ansteckend sind, plötzlich auftreten und innerhalbsehr kurzer Zeit zu Epidemien (Massenerkrankungen) führen können. Etwa 70 bis 80 % der Menschen können infiziert werden. 20 bis 50% der Infizierten erkranken schwer und sterben (Anm. 44).

In Ägypten sind diese Krankheiten wie im Deutschen Bundesseuchengesetz (BSeuchG), in mehreren Klassen, in alphabetischer Reihenfolge eingeteilt. Zusätzlich werden einige endemische (einheimisch und ständig auftretende) , Subtropen-und Tropenkrankheiten u.a. dazugezählt. Zu den meldeplichtigen Krankheiten gehören auch, nach der WHO-Definition, die sogenannten sexuell übertragbaren Krankheiten (STD). Sie werden auch in den ägyptischen Gesetze gesondert aufgeführt.

Zu melden ist:

Klasse 1: der Krankheitsverdacht, die Erkrankung sowie der Tod an :

Botulismus,
Cholera,
Enteritis infectiosa,
a) Salmonellose,
b) übrige Formen einschließlich
mikrobiell bedingter Lebensmittelvergiftung.
Fleckfieber,
Lepra,
Milzbrand,
Ornithose (inkl. Psittakose),
Paratyphus A, B und C,
Pest,
Pocken,
Poliomyelitis,
Rückfallfieber,
Shigellenruhr,
Tollwut,
Tularämie,
Typhus abdominalis,
virusbedingtem hämorrhagischem Fieber


Klasse 2: der Erkrankung sowie der Tod an:

angeborener
a) Zytomegalie,
b) Listeriose,
c) Lues,
d) Toxoplasmose,
e) Rötelnembryopathie,

Bakterien- und Amöbenruhr,
Brucellose (Maltafieber, undulant Fever),
Denguefieber,
Diphtherie,
Erysipel,
Filariose,
Gelbfieber,
Leptospirose
a) Weilsche Krankheit,
b) übrige Formen,
Malaria,
Meningitis/Enzephalitis
a) Meningokokkenmeningitis,
b) andere bakterielle Meningitiden,
c) Virus-Meningoenzephalitis (z.B. Mumpsmenigoenzephalitis)
d) übrige Formen.

Q-Fieber,
Rotz (Malleus),
Trachom,
Trichinose,
Tuberkulose (aktive Form)
a) der Atmungsorgane,
b) der übrigen Organe.
Virushepatitis
a) Hepatitis A,
b) Hepatitis B,
c) nicht bestimmbare und
übrige Formen (C, D u.a.).
anaerober Wundinfektion
a) Gasbrand/Gasödem,
b) Tetanus.

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Klasse 3 : der Tod an:

Influenza (Virusgrippe),
Keuchhusten,
Masern,
Pneumonie,
Puerperalsepsis,
Scharlach,
Windpocken.

Klasse 4 : jeder Ausscheider von:

Choleravibrionen,
Salmonellen,
a) S. typhi,
b) S. paratyphi A, B und C,
c) übrige.
Shigellen.

Die Liste wird ständig aktualisiert. Die Gesundheitsämter geben Auskunft (82, 13, BSeuchG).

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4222322 Schutzmaßnahmen

In jeder größeren Stadt befindet sich eine Quarantänestation, neun Stationen mit, 57 ohne Betten (nur Untersuchungen), insgesamt 306 Betten, (82). Zusätzlich gibt es in den meisten Städten "Fieberkrankenhäuser". In Anlehnung an die internationalen Sanitärvereinbarungen hat die Regierung Vorschriften für die meldepflichtigen Krankheiten erlassen. Tritt der Verdacht auf einer dieser Krankheiten auf , so wird die betreffende Person in einem " Fieberkrankenhaus " isoliert. Ihre Angehörigen sowie die Personen, die mit dieser Person in Kontakt stehen, werden unter Beobachtung gestellt (Inkubationszeit). Wohnung und Gegenstände werden desinfiziert. Auf keinen Fall ist bei den meldeplichtigen Krankheiten (Klasse 1) Haus-Isolation allein gestattet. Personen, die bei der Einreise verdächtigt werden, eine der meldepflichtigen Erkrankungen zu haben, kommen unter Quarantäne. Bei den meldepflichtigen Krankheiten der 2. Klasse ist die Isolierung im Krankenhaus zwar wünschenswert, aber nicht Pflicht. Erst nach Absprache mit dem Gesundheits-amt ist die Isolierung im Hause erlaubt. Bei den meldepflichtigen Krankheiten der 3. Klasse ist die Haus-Isolierung grundsätzlich gestattet.


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4223: Schwerpunkte im ganzen Land

Die wichtigste Aufgabe der Gesundheitsbehörden im ganzen Land ist die Bekämpfung der übertragbaren Krankheiten, Krankheitsüberträger und des Bevölkerungszuwachses. Von den Krankheiten stehen die Gastroenteritiden, parasitäre Erkrankungen (Bilharziose und Ankylostoma) und die Augenerkrankungen, die für den größten Teil der Todesfälle, Körperschwäche oder Invalidität verantwortlich sind, an erster Stelle (38, 34, 74).

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42231: Gastroenteritiden zurück zu 422321: Bilharziose

Gastroenteritiden (Magen-Darmerkrankungen), vor allem die akute Enteritis (Darmerkrankung), gehören zu den weitestverbreiteten Krankheiten der Welt (31A). In Ägypten ist die Gastroenteritis von Bedeutung, weil sie für etwa die Hälfte der Kindersterblichkeit im 1. Lebensjahr und ein etwas niedrigeren Wert für die Kinder unter fünf Jahren verantwortlich ist. Es gibt eine primäre Gastroenteritis, die hauptsächlich durch Shigellen, Salmonellen (oder auch durch andere Erreger wie Morgans Bazillus, B. proteus und E. coli oder Protozooen wie Giardia Lamblia bzw. durch Viren oder Pilze) verursacht wird. Die sekundäre Gastroenteritis wird nach Komplikationen bei anderen Erkrankungen wie Broncho-Pneumonie, Otitis media, Meningitis, Streptokokken- Infektionen, Masern oder Diphtherie hervorgerufen. Die Symptome sind Diarrhöe, Erbrechen, Dehydratation und Schock und gehen bei einer weiteren Infektion mit einer Hypoproteinämie einher. Bei Erwachsenen sind Typhus (Salmonella typhi) und Shigellosen (S. schmitsi, S. flexneri, S. sonnei, S. newcastle) die Hauptursache für Gastroenteritis.

Andere Erreger sind Parathypus A und B (Cholera seltener) sowie Parasiten wie Amoeba histolytica, Schistosoma mansoni, Ankylostoma duodenale, Ascaris lumbricoides, Oxyuris vermicularis, Strongyloides stercoralis, Leberegel und andere. Ferner gibt es die Gastroenteritis, die durch Lebensmittelvergiftungen (Schwermetalle, Chemikalien oder Bakterien-Toxine und Schimmelpilze) hervorgerufen werden. Hierbei sind Staphylokokken (S. aureus), Salmonellen (S. typhimurium, S. newport, S. enteritidis, S. aertriki) und Botulismus (C. botulinum) als Beispiele zu nennen.

Bei den Schwermetallen und Chemikalien handelt es sich hauptsächlich um Arsen und Blei, sowie Phosphate und Pestizide oder um Toxine aus verschimmeltem Weizen, Reis und Kartoffeln, sowie verdorbenem Fisch oder Muscheln u.a.. Maßnahmen zur Bekämpfung wird weitgehendst versucht zunächst Aufklärung durch Funk und Fernsehen, sowie in den Schulen: Hygiene, Waschen von Gemüse, Kochen von Milch, Fliegenbeseitigung, Benutzung sanitärer Anlagen, Lieferung von chloriertem Leitungswasser, Müllbeseitigung. Ferner werden Überwachung durch die Gesundheitsämter, Arztbesuche, Stichproben und Untersuchungen durchgeführt. Weitere Maßnahmen sind Lebensmittelkontrollen (Fleischbeschau, Pasteurisieren von Milch, Fisch, Muscheln), Kontrolle der Lebensmittelhändler und Imbissläden (Entdeckung, Meldung,Isolierung und Desinfektion). Virus- Hepatiden (C und D) die man zu den Magen-Darm-Erkrankungen zählt, hat wie in Europa aufsteigende Tendenz. Die Gesundheitsämter geben aktueller Auskunft.


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42232: Parasitäre Erkrankungen

Die wichtigsten parasitären Erkrankungen in Ägypten sind die Wurmerkrankungen, Bilharziose (50%) und die Ankylostomiasis (30%). Andere Parasiten wie Filarien,s.42233 , die restliche Wurmarten s.422322 , parasitäre Insekten (Läuse, Flöhe) und Milben (Scabies) spielen eine untergeornete Rolle.


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422321: Bilharziose (Schistosomiasis)

Man unterscheidet in Ägypten zwei Arten der Bilharziose (s. Abschnitt 311).Einmal die Schistosoma haematobium und zum zweiten die Schistosoma mansoni. S. haematobium kommt überall, S. mansoni hauptsächlich in Unterägypten vor. S. haematobium befällt die Beckenvenen (Blasenbilharziose), S.mansoni das mesenteriale Venensystem (Darmbilharziose).Als Komplikationen (nach 20 bis 30 Jahre) können Blasen- und Darmtumoren entstehen.
(s. Abschnitt 42231).

Zwischenwirte sind zwei Schneckenarten: Bulinus truncatus für S. haematobium und Biomphalaria boissii für S. mansoni. Inzwischen hat man entdeckt, dass es zahlreiche andere Schneckenarten gibt, die die Bilharziose beherbergen (WHO-Berichte). Der Mensch schließt den Kreislauf und scheidet durch Urin und Stuhl die ausgereiften Eier aus. Im Wasser schlüpft aus einem Ei ein Miracidium. Das Ei muss sich, innerhalb von 48 Stunden, im Wasser befinden, sonst vertrocknet es und der Kreislauf unterbrochen wird. Das Miracidium sucht sich die spezifischen Wasser- Schnecken dringt ein und metamorphosiert etwa tausendfach in der Schnecke nach ein bis zwei Monaten zu Zerkarien. Findet das Miracidium innerhalb von etwa 48 Stunden keine Schnecke dann stirbt es. Die gereiften Zerkarien verlassen die Schnecke und wenn sie nicht innerhalb von etwa 4 Stunden im Wasser menschliche Haut finden, in die sie eindringen können sterben sie. Ihre Eintrittspforten sind meist die Füße, Hände, eventuell der Genitalbereich u.a. oder selten gelangen sie über die Lippen in den Menschen (bei der Arbeit oder nach Waschen oder Baden in verseuchtem Wasser). In den Magen werden die Zerkarien zerstört und eine Ansteckung von Mensch zu Mensch ist nicht möglich.

Es gibt demzufolge drei Möglichkeiten, den Kreislauf zu unterbrechen:

Die erste ist die Vermeidung verseuchten Wassers bzw. die Notdurft nicht im
Wasser zu verrichten,
Die zweite Möglichkeit ist die Beseitigung der Schnecken,
Die dritte ist die Behandlung der Erkrankten.
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Die Landbvevölkerung, die den ganzen Tag auf dem Feld verbringen, sind am meisten gefährdet da diese sich großtenteils im Wasser aufhalten, baden, verrichten ihre Bedürfnisse meistens im Wasser oder waschen ihre Wäsche in den Kanälen.

Die Schnecken sind im Laufe der Jahrzehnte mit verschiedenen Chemikalien nicht zufriedenstellend und auf Kosten des ökologischen Gleichgewichts bekämpft worden. Es gibt heute wirksamerer Mittel aus Deutschland aber trotz seiner Spezifität gegen Schnecken besteht bei unkontrollierter Dosierung eine Gefahr für andere Schnecken, die natürlichen Feinde der Schnecken sowie für andere Organismen, die die Ökologie des Wassers aufrechterhalten.

Zur Behandlung benutzt man heute ein besonderes Medikament, hergestellt von einer deutschen Firma, das sich im Gegensatz zu bisherigen Substanzen (78,101A) am günstigsten auf die Kranken auswirkt und nur einmal eingenommen werden muss. Das Medikament ist im Gesundheitsamt oder Sanitätsstation erhältlich.

Die Symptome der Biharziose, nähmlich Hämaturie (Blut im Harn) oder Dysurie (Harnbeschwerden), werden meist missinterpretiert oder nicht ernst genommen. Unter der Bevölkerung oder Menschen in anderen Teile der Welt, herrscht immer noch häufig die Einstellung " man ist gesund, solange man noch auf seinen eigenen Füßen stehen kann " (44, 82, 55, 76). Wenn sich die Menschen aber nun doch für eine Behandlung entschieden haben, finden sie diese meistens zu langwierig und die Entfernungen zu den Behandlungsstationen oft zu groß.

Zwar konnte die Bilharziose durch Schneckenbekämpfung und Chemotherapie gesenkt werden (101A), doch werden die Maßnahmen dadurch erschwert, dass in dem größten Teil des Landes Bedingungen zur Ausbreitung der Krankheit gegeben sind, da stehende Gewässer, Kontakte mit verseuchtem Wasser auf der einen Seite, sowie Armut, Analphabetentum und Unwissenheit auf der anderen Seite noch vorhanden sind (86).

Somit ist die wichtigste Möglichkeit zur Bekämpfung der Bilharziose die Aufklärung der Bevölkerung. Dies geschieht durch Funk und Fernsehen, in Schulen sowie durch Mobile-Einheiten, die in die Dörfer fahren und dort die Bewohner besuchen, sie untersuchen und beraten.


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422322 : Ankylostomiasis

Von den in Ägypten vorkommenden Hakenwürmern ist Ankylostoma duodenale am meisten
verbreitet und verursacht die Ankylostomiasis (s. Abschnitt 311). Von allen Wurmerkrankungen
(Askariasis, Oxiuriasis, Strongyloidiasis, Trichostrongyloidiasis, Hymenolepiasis, Taeniasis) ausgenommen S. mansoni, macht Ankylostoma duodenale ca. 30% aus.
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Der Mensch ist der einzige Wirt. Die Würmer, die jahrelang im unteren Dünndarm (nicht im Duodenum) leben können, produzieren Eier, die mit dem Stuhl ins Freie gelangen. Die Larven schlüpfen im feuchten Boden und sind drei Monate lebensfähig. Im Wasser erfolgt die Reifung bei einer mindest Temperatur von 20° C.Die Infektion erfolgt perkutan durch die intakte Haut, hauptsächlich durch die Füße (fast alle Fellachen arbeiten barfuß auf dem Feld). Selten gelangen sie durch das Essen von ungewaschene Gemüse in den Mund. Die Larven gelangen über den Lymph-und Blutwege in die Lunge, durchbohren die Lungeninnenwand und gelangen durch die Flimmerzellen der Atemwege in den Schlund. Nach dem Verschlucken siedeln sich im unteren Dünndarm an. Die Würmer, tragen am Kopf vier Haken, womit sie sich in die Dünndarmschleimhaut zum Blutsaugen fest beißen. Gegenüber Bilharzia ist Ankylostoma duodenale relativ "harmlos", es sei denn, über 1000 Würmer befinden sich im Körper (86). Die Symptome sind Juckreiz, Hautausschlag, Allergie, Eosinophilie (Erhöhung spezifische weiße Blutkörper) und während des Lungenzyklus bisweilen Husten. Die Folgen sind Anämie (Blutarmut) und Hypoproteinämie
(Eiweißmangel) und eventuell Bronchitis (Atemwegserkrankung).

Die Behandlung besteht aus der Bekämpfung der Anämie, der Proteinmangel und der Würmer und ist somit einfacher als die Behandlung der Bilharziose (4). Hierbei hat sich ein Wurmmittel in rund 50% der Fälle als erfolgversprechend erwiesen. Ein weiterer Vorteil liegt in der Anwendung, da es als einmalige Dosis genommen wird (93).


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42233: Augenerkrankungen

Bakterielle Konjunktivitis, Kerato-Konjunktivitis und die Onchozerkose sind für 70% der Erblindungen verantwortlich. 1% ( = 500 000 ) der ägyptischen Bevölkerung ist blind, 10% haben Sehstörungen und 8% einseitige Sehstörungen. Diese Zahlen haben sich zwischen 1969 und heute (1981) wenig verändert. 1976 wurden 3,5 Millionen Menschen wegen Augenerkrankungen behandelt. Dafür war - und ist noch heute - die akute bakterielle Konjunktivitis verantwortlich, die durch Hämophilus aegypticus (Koch-Weeks-Bazillus), Gonokokken, Staphylokokken, Streptokokken, Pneumokokken, Moraxella lacunata, H. influenzae und in seltenen Fällen C. diphtheriae verursacht wird. Hierbei sind als Jahreszeit Gipfel Frühling und Herbst festzustellen. Die Kerato-Konjunktivitis, nämlich Trachom, wird durch Chlamydien, eine Form von sehr kleine Bakterien, der Psittakose-Lymphogranuloma-Gruppe, die früher für "große Viren" gehalten wurden, hervorgerufen.

s. Abschnitt 213 .

Die Erreger von Augenerkrankungen werden passiv durch Fliegen, sehr selten von Mensch zu Mensch, übertragen, meist aber nicht durch die Musca domestica (Stubenfliege), sondern durch die Musca sorbens und die Musca vicinia ( 109 ).

Die Onchozerkose tritt in Ägypten seltener auf ( 82 ). Sie wird durch kleine Mücken (Simulium damnosum), auch Kriebelmücken genannt, die für Larven der Filarien (Fadenwürmer) als Zwischenwirt dienen, übertragen. In der Mücke reifen die Larven. Nach dem Mückenstich dringen die Larven (Onchocerca volvulus) in die Lymphspalten der Haut und können auch nach Jahren die Hornhaut schädigen und zur Erblindung führen (85A).

Die Prävention liegt also hier außer in der Aufklärung und Untersuchungen zusätzlich bei der Beseitigung der Fliegen und deren Brutplätzen, den Müllhaufen (80, 109).

Alle diese bakteriellen Erkrankungen und die Filariose, frühzeitig erkannt, lassen sich gut und erfolgreich mit Atibiotika behandeln.


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42234 Familienplanung und Geburtenregelung

Das derzeit größte Problem in Ägypten ist immer noch die rapide Bevölkerungszunahme. Rund 39 Millionen Menschen lebten auf 34.000 qkm (1979), die Hälfte davon in den Städten. Der jährliche Bevölkerungszuwachs beträgt gegenwärtig etwa eine Million bei einer Säuglingssterblichkeit von 160 pro tausend Lebendgeburten. Heute leben über 60 Millionen Menschen in Ägypten (in Kairo allein ca.18 Millionen Menschen). Jedes Jahr hat das Land eine Million Ägypter mehr zu versorgen! Die wachsende Landflucht bringt steigende Versorgungsschwierigkeiten und ein stetiges Anwachsen der Slums in den Städten mit sich. Die Erntefläche schrumpft ständig im Verhältnis zur Bevölkerungszunahme. Schon allein aus ökonomischen Gründen kann die Regierung mit den Problemen des Landes nicht fertig werden. Daher wird sie durch UNICEF und durch die WHO unterstützt. Geburtenregelung und Familienplanung sind mit den Grundsätzen des Islam durchaus vereinbar und stellen insofern kein Problem dar. Verhütungsmethoden werden also propagiert und in den Universitäten erforscht. Durch Funk und Fernsehen wird aufgeklärt und durch die Gesundheitsämter Mutter- und Kind-Vorsorge durchgeführt ( 6, 83, 34 ).


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42235: Rattenbekämpfung

Die Rattenplage in Ägypten hat inzwischen derart katastrophale Ausmaße angenommen, dass man sie hier erwähnen muss ( Anm. 54). Das Ausbleiben der jährlichen Überschwemmung, bedingt durch den Assuan-Staudamm, die Ausrottung der natürlichen Feinde sowie die Verstädterung haben dazu geführt, dass eine natürliche Dezimierung der Ratten ausbleibt und der wirtschaftliche Schaden auf dem Lande sowie die gesundheitlichen Schäden für die Bevölkerung die Regierung Ägyptens alarmiert hat. So hatte sie vor einige Zeit eine deutsche Firma beauftragt, sich mit der Lösung des Rattenproblems zu befassen. Man hat die Tatsache genutzt, dass diese Rattenart hauptsächlich auf Dächern lebt und dort ihre Bekämpfung angesetzt, indem das Rattengift auf den Außenmauern ausgelegt wird. So wird verhindert, dass bei der herkömmlichen Vernichtung der Ratten, bei der das Gift einfach auf dem Boden verteilt wurde, auch die Haustiere mitgetötet werden. Die deutsche Firma wurde beauftragt, die Zubereitung des Giftes und dessen Verteilung zu überwachen und Aufklärungsarbeit bei der Bevölkerung zu leisten (39). Dieser Methode wird heute noch hin und wieder angewendet.


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Abschnitt 5 : Schlussbemerkung und Diskussion

Zunächst ist festzustellen, dass während des westlichen Einflusses in Ägypten im Laufe der Jahrzehnte deutlich Stieg, setzte sich die einheimische Medizin unberührt weiter fort. Ferner ist festzustellen, dass die Ägypter im Laufe ihren tausendjährigen Geschichte fremde Gebräuche , die möglicherweise für sie von Vorteil waren, immer gerne übernommen wurden.

Während in den Städten neben Luxus-Hotels und prachtvollen Gebäuden auch moderne Krankenhäuser entstanden, waren in den Dörfern vor 1922 überhaupt keine medizinischen Einrichtungen vorhanden. In den Groß- wie Kleinstädten gab es insgesamt 45 medizinische Institutionen, davon waren 19 große Krankenhäuser (105), der Rest kleine private Kliniken und Ambulatorien. Die hygienischen Verhältnisse in Ober- und in Unterägypten waren immer noch unzureichend (51). 1939 führte die "Egyptian Society For Social Studies" Untersuchungen in zunächst zwei Dörfern in der Provinz Qalyubia (nördlich von Kairo), und später in anderen Provinzen durch. Dies regte drei Jahre später das Ministerium für Soziale Angelegenheiten an, soziale Zentren in den Provinzen einzurichten. Diese Zentren sollten nicht nur Fragen im Agrar-, Sozial- und Wirtschaftsbereich erörtern, sondern sich auch mit medizinischen Fragen befassen. Einige dieser Zentren wurden von den Fellachen besucht, aber nicht in ausreichendem Maße. Den meisten, die medizinische Vorsorge benötigten, war der Weg entweder durch Armut oder durch Mangel an Behandlungsmöglichkeiten versperrt. Auch wenn es Behandlungsmöglichkeiten im Krankenhaus gab, waren die Fellachen nicht bereit, sich in eines der in den naheliegenden Städten gebauten Krankenhäuser zu begeben, aus Furcht, Frau und Kinder allein zu lassen. Außerdem konnte ein Fellache seine Familie während seiner Abwesenheit nicht ernähren. Aber nicht nur die Entfernung oder Abwesenheit von der Familie waren Gründe dafür, sich nicht in Behandlung oder ärztliche Untersuchung zu begeben: Das größte Hindernis war der noch immer lebendige Aberglaube. Aber selbst wenn es in den Dörfern medizinische Einrichtungen gab, wurden sie nur von etwa 10 % der Landbevölkerung in Anspruch genommen. Der Bauer war misstrauisch und hat nach Jahren der Ausbeutung und Enttäuschungen resigniert. Deshalb bevorzugt er noch die althergebrachte Heilweise, und die bestehende Tradition. Da er nicht zum Arzt ging, musste ein Weg gefunden werden, dass der Arzt zum Fellachen kam (108).
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Obwohl die Fellachen heute eine robuste Statur aufweisen und durch schwere Arbeit abgehärtet zu sein scheinen, trügt das Bild, denn die meisten sind von irgendeiner der konsumierenden Krankheiten schon in frühen Jahren befallen.

Genau wie ihre Geräte und Methoden seit Jahrtausend die gleiche sind genau so sind ihre Gebräuche geblieben (s. Bilder : Gestern und Heute). Die Masse der Bauern und Stadtarbeiter glaubte damals wie heute, dass Krankheit eine Selbstverständlichkeit im Leben sei. Die eine oder andere Krankheit entspreche eher der Norm. Dieser Glaube war und ist tief verankert. Die Einstellung "solange man noch arbeiten kann, ist man gesund" kommt erschwerend hinzu, da die Menschen infolgedessen glauben, keine medizinischen Einrichtungen zu brauchen. Wenn ein Kranker sich aber doch nicht, wie meistens üblich, selbst behandeln wollte, brauchte er nicht weit zu gehen denn es gibt noch den Kräuterhändler,den Derwisch (Zauberer), den Misajen (Barbier oder Bader), die Hakima (Hebamme) und den Scheich im Dorf. Das hat sich bis heute kaum etwas geändert.

Es gibt zahlreiche Kräuterhändler in Läden oder solche, die auf Karren die verschiedensten Kräuter, Harze und Zaubergegenstände verkaufen. Der Fellache, aber auch der Stadtbewohner begnügt sich zunächst mit diesen Mitteln und läßt sich von dem Kräuterhändler beraten.

Noch heute glaubt der Großteil der Bevölkerung an Dschinns und das böse Auge (den bösen Blick). Noch heute tragen Kinder Talismane bzw. Zaubermittel um den Hals oder auf der Kopfbedeckung, als Schutz gegen den bösen Blick. Ebenso wird heute noch oft Weihrauch gegen Erkrankungen und den bösen Blick verwendet (s. o. Abschnitt 22218). Die Zauberer (Derwische), denen die Fähigkeit Übernatürliche Kräfte beeinflussen zu können, noch heute zugeschrieben wird, sind wie früher sehr gefragt und somit sehr zahlreich. Die Riten der Derwische können noch heute in einigen Vierteln der Hauptstadt miterlebt werden.
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Der Misajen oder Bader der heute dem Hakim gleichgestellt ist, hat die gleichen Funktionen wie früher. Außer seiner Tätigkeit als Friseur behandelt er Wunden, zieht Zähne, verschreibt Heilmittel, führt Beschneidungen und Impfungen durch und füngiert oft als Leichenbeschauer in den Dörfer. Der Bader in den noch vorhandener Bädern der Städte nicht nur massiert oder rasiert der Männer, sondern gibt beim Massieren der Gäste auch Ratschläge, welche Mittel für welche Krankheiten zu verwenden sind. Außerdem werden Schwitzbäder für die Gesundheit empfohlen und sind gut besucht (76).

Die Hakima ist nach wie vor die Ärztin im Dorf. Ihre Kunst wird von der Mutter an die Tochter weitergegeben. Ihre Stellung im Dorf ist sehr angesehen. Dies liegt einerseits an dem Fehlen von Ärzten im Dorf und andererseits an den Bedenken der Bevölkerung, eine Frau durch einen Mann behandeln zu lassen. Ein Mann in der Funktion einer Hebamme ist fast unmöglich oder gar undenkbar. Überdies ist die Hakima außer in ihrer Funktion als Hebamme auch in den Dörfer und vielen Vierteln der Städte als Masseurin von Frauen in den Bädern und immer noch für die Beschneidung der Mädchen sehr gefragt.

Der Scheich ist wegen seines Wissens und seiner Weisheit eine angesehene Persönlichkeit. Er ist nicht nur der religiöse Führer, sondern ihm werden auch heilende Zauberfähigkeiten und fruchtbarkeitsfördernde Eigenschaften nachgesagt. Zwischen rein religiösem Glauben und Zauberei gibt es keine scharfe Grenze (vgl. 22211). Es war z.b. gebräuchlich, den Scheich zu bitten, ein Gebet aus dem Koran auf einen Zettel zu schreiben, den man in ein Wasserglas taucht. Trinkt ein kinderloses Ehepaar dieses Wasser, soll der Wunsch nach einem Kind in Erfüllung gehen. Außerdem gibt es für einen gläubigen Moslem noch Gebräuche, die von hygienischer Bedeutung sind, wie Waschen vor jedem Gebet, nach Verrichtung der Notdurft, vor und nach dem Essen sowie vor und nach dem Geschlechtsverkehr. Auch werden Gebräuche wie die Beschneidung oder etwa die Abstinenz gegenüber Alkohol und Schweinefleisch beachtet.
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Solche und ähnlich Gebräuche der Volksmedizin (vgl 2143) und der Religion sind zum großen Teil durchaus vernünftige. Es war aber nicht notwendig, diese Kräfte oder Gebräuche durch die westliche Medizin zu ersetzen oder sie zu verbieten, was auch kaum durchführbar gewesen wäre. Der moderne Arzt wurde von den Dorfbewohnern und der ärmeren Bevölkerung als zusätzliche ärztliche Kraft längst akzeptiert (108).

Ein Arzt in Ägypten ist heute entweder an einer der sieben Universitäten in Ägypten oder im Ausland ausgebildet worden. Die Ausbildung in Ägypten geschieht nach westlichen Muster. Nach dem Studium und weitere Jahre im Krankenhaus "internship" (Arzt im Praktikum) muss der ägyptische Arzt in einer der Rural Health Units praktische Erfahrungen sammeln (2, 77). Seine Aufgaben auf dem Lande sind kleine chirurgische Eingriffe, Mutter- und Kind-Fürsorge, Geburtshilfe, Impfungen, Gesundheitsaufklärung, Todesfeststellung, Überwachung und Meldung von übertragbaren Krankheiten und die Gesundheitsüberwachung an den Schulen, (82). Außerdem verschreibt er Medikamente, besucht Dorfversammlungen und soziale Einrichtungen und unterstützt diese. Dies alles steht unter der Leitung je nach Einwohnerzahl auf dem Lande von ein oder zwei Ärzte, dem die Betreuung von ambulanten- sowie bettlägerigen Patienten obliegt, wenn sich in der Nähe ein Krankenhaus befindet. Privatärzte und Spezialisten gibt es fast nur in den Städten.
Zu erwähnen ist hier vor allem die Einführung der kostenlose medizinische Versorgung.

Dies ist immer noch heute eine weitere wichtige Aufgabe des Arztes auf dem Lande (101): Er und sein Assistent besuchen häufig Dorfbewohner, um Kontakte zu knüpfenund Freundschaft zu schließen. Gespräche im Rundfunk und während der Filmvorführungen auf den Plätzen ergänzen diese Kontakte. Der Arzt muss aber auch bereit sein, mit den Dorfbewohnern und deren Familien (s. Das Leben im ägyptischen Dorf) zusammen zu essen und zu trinken, wenn er bei seinem Besuch dazu eingeladen wird. So wird das Vertrauen zwischen Arzt und Bauer gefestigt und es zeigt sich nun dem Mann auf dem Lande, dass der Arzt einer von ihnen ist.

Es ist längst gelungen, obwohl noch unzureichend, Bauernsöhne zu bewegen sich als Ärzte auszubilden, die nun in die Dörfer zu ihren Familien zurückkehren, um dort in den neu errichteten Krankenhäusern bzw. Gesundheitsämtern oder Sanitätsstationen zu arbeiten (101).

Man muss dabei beachten, dass die Bevölkerungsdichte ja früher sehr viel geringer war als heute. Eine Senkung der Mortalitätsrate durch die moderne Medizin hat sich hier, wie in anderen Ländern mit hoher Geburtenzahl, als ein zweischneidiges Schwert erwiesen.


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